„Um alle zu erreichen, zählt jede einzelne Initiative“, Cristinas Praktikum bei der JEV
Mein Name ist Cristina Zelenac und ich gehöre der deutschen Minderheit in Rumänien. Seit Juli 2016 nehme ich am YOU.PA – Young Potentials Academy – Programm teil, das jungen Menschen, die sich für Minderheitenfragen engagieren, persönliche Chancen und berufliche Perspektiven bietet. Das Programm soll helfen, die Arbeit der Organisationen der deutschen Minderheiten in mittel- und osteuropäischen Ländern zu stärken.
Im Rahmen meines dritten Ausbildungsmoduls zum Bildungsmanager wollte ich mein Praktikum bei einer Organisation machen, die außerschulische Bildungsarbeit im Bereich Jugend und Minderheiten leistet. Die JEV war in dem Sinne ideal. So hatte ich die Gelegenheit zwei Wochen lang die Arbeit der JEV in deren Berliner Büro aktiv zu begleiten.
Mein Alltag bei der JEV war sehr bunt gemischt, die Zeit sehr knapp. Ich habe vor allem in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Planung von Bildungsangeboten mitgewirkt. Ebenso beim Verfassen und bei der Redaktion von Beiträgen im Bereich Minderheiten- und Jugendpolitik.
Neben dem Einblick in den Alltag der Organisation, habe ich auch die Chance gehabt deren Partner und das Netzwerk der JEV kennenzulernen. Gemeinsam mit der Geschäftsführerin habe ich die djo besucht. Die djo-Deutsche Jugend in Europa ist sehr breit aufgestellt, da sie als Dachverband in Form von außerschulischer Bildungsarbeit, Freizeitgestaltung und Kultur und – Integrationsarbeit in Migrantenjugendverbände und -selbstorganisationen (MJSO) und landsmannschaftlichen Bundesgruppen agiert. Es war sehr interessant zu hören, welchen Wandel diese Organisation durchgegangen ist und wie sie sich selbst organisiert. Einer meiner persönlichen Höhepunkte war der Besuch des Minderheitensekretariats der vier autochthonen nationalen Minderheiten und Volksgruppen Deutschlands, das im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ihr Büro hat. Auch wenn ich das Büro und die Leiterin schon kannte, war es diesmal für mich und meine Interessen viel wertvoller, da wir gezielt die überregionale Jugendarbeit in der Minderheit und die zukünftige Zusammenarbeit mit der JEV besprochen haben. Zumal Jugendförderung im Blickpunkt der Arbeit des amtierenden Bundesbeauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten steht. Dazu kam auch noch ein Besuch bei der AGDM (Arbeitsgemeinschaft deutscher Minderheiten in der FUEN), der für mich als Angehörige der deutschen Minderheit besonders wichtig war. Ein anderes sehr spannendes Treffen hatte ich mit der Projektleiterin des Minority Changemaker Programms, Frau Wienke Reimer. Diese Initiative des dänischen Grenzvereins Grænseforeningen möchte engagierten Leuten einen Rahmen geben, sich über die Verhältnisse von Minderheiten und die Zukunft Europas auszutauschen. Den StudentInnen wird für dreizehn Wochen Unterkunft, Verpflegung und spannenden Unterricht nach dem speziellen dänischen Konzept der Erwachsenenbildung angeboten. Durch dieses Projekt können die StudentInnen 15 ECTS-Punkte für ihre weiteren Studien bekommen. Als Vorbereitung für den Kurs werden im Laufe von 2019 fünf Workshops, sogenannte Minority Labs, in fünf europäischen Städten durchgeführt, bei denen junge Menschen über das Format von dem Programm diskutieren und ihre Ideen einbringen werden.
Auch die JEV bekam an einem Tag Besuch und zwar von Herrn Johannes Callsen, Minderheitenbeauftragten des Ministerpräsidenten in Schleswig-Holstein. So habe ich einen Einblick auch in die aktuelle Politik der Regionalebene bekommen und zwar gleich von einem Best-Practice-Beispiel: Schleswig-Holstein ist das einzige Bundesland, in dem es zum Schutz und zur Förderung der Regional- und Minderheitensprachen seit 30 Jahren das Amt des Minderheitenbeauftragten gibt.
Zwei Tage lang habe ich an dem Jahrestreffen der Arbeitsgemeinschaft der Non-Kin-State der FUEN teilgenommen, das im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Berlin stattfand. Nicht nur das dringliche Thema „Medien und Digitalisierung“ war interessant, aber vor allem hautnah zu sehen wie unterschiedliche Rechte und Voraussetzungen die einzelnen Minderheiten ohne Mutterstaat mit sich bringen. Mir waren viele Minderheitengruppen bekannt, aber nicht alle. Vor allem aber kannte ich die konkreten Herausforderungen und Erfolge der letzten Jahre nicht und ich wusste auch nicht wie aktiv und zielstrebig diese oft sehr kleine Gruppen sind.
Sehr bereichernd waren auch die Gespräche die ich mit den Mitarbeitern der FUEN (Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten) zum Thema Minority Safepack Initiative hatte. So konnte ich mehr zum aktuellen Stand erfahren und mir wurden die konstituierenden Elemente dieser Initiative klarer. Denn es sind oft sehr viele bedeutsame Einzelheiten, die im mediatischen Alltag weggelassen werden.
Es ist wichtig Gelegenheiten zu schaffen um Austausch zu generieren, damit man sich gegenseitig hilft, voneinander lernt und Lösungsansätze für bestehende Probleme und Herausforderungen findet. Ich habe mir oft Sorgen gemacht, dass sehr leicht Doppelstrukturen entstehen und dadurch Mittel, Energie und Potenzial verloren gehen. Mir wurde durch die Zeit bei der JEV aber klar, wie groß und unterschiedlich die Zielgruppen im Bereich Minderheiten und Jugend sind. Um alle zu erreichen, zählt jede einzelne Initiative. Vor allem muss aber die Zusammenarbeit der Akteure der Regional- und Bundesebene und internationalen Ebene gut klappen, um eine für alle spürbare Änderung in der Gesellschaft zu erreichen. Und da jeder siebte Europäer einer ethnischen und nationalen Minderheit angehören, betrifft uns das alle. Die JEV ist ein großartiges Bindeglied in diesem Kontext.
Die Arbeit und die Zeit im kleinen aber leistungsstarken und sehr engagierten JEV-Team habe ich sehr genossen. Ich habe viel neues Hintergrundwissen mitgenommen und ich verstehe die Zusammenhänge und kenne die einzelnen Akteure, wegen der persönlichen Kontakte die ich knüpfen konnte, viel besser. Das alles hat mich nur noch ehrgeiziger gemacht, in diesem Bereich tätig zu werden und weiterhin meinen Interessen und meinem Herzen zu folgen.
Vom JEV-Büro und Vorstand: Wir bedanken uns sehr herzlich für die Zeit und Engagement, die Cristina bei uns eingesetzt hat. Es war uns eine Freude, mit dir zu arbeiten und als Team-Mitglied dabei zu haben!
Für die, die daran Interesse haben, ein Praktikum in unserem Büro zu machen – schreibt uns einfach unter office@yeni.org an!